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Streit um Israels Siedlungsplan spitzt sich zu

21. Juli 2009

Wegen seines Plans zum Bau neuer Wohnheiten in Ost-Jerusalem gerät Israel unter wachsenden internationalen Druck. Die israelische Regierung reagiert auf die diplomatische Breitseite zunehmend nervös.

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Ein israelischer Parlamentarier blickt auf das arabische Ost-Jerusalem (Foto: dpa)
Israelische Siedlungspläne in Ost-Jerusalem stoßen auf heftige KritikBild: picture-alliance/ dpa

Gleich drei Mal musste sich die israelische Regierung am Dienstag (21.07.2009) heftige Vorwürfe wegen des umstrittenen Bauvorhabens im arabischen Ostteil Jerusalems anhören. Die Europäische Union, Frankreich und Russland kritisierten den geplanten Bau von 20 Wohneinheiten einhellig und verstärkten so nochmals den internationalen Druck.

Logo der schwedischen EU-Ratspräsidentschaft
Die schwedischen EU-Ratspräsidentschaft warnte Israel vor Provokationen

Israel solle auf jegliche "Provokation" in Ost-Jerusalem wie die Zerstörung oder Räumung von Häusern verzichten, erklärte die schwedische EU-Ratspräsidentschaft in Brüssel. Solche Aktionen verletzten internationales Recht.

Der französische Präsident Nicolas Sarkozy forderte, die Siedlungsprojekte komplett einzustellen. Die Regierung in Paris bestellte wegen des gleichen Themas den israelischen Botschafter ein. "Diese Aktivitäten müssen gestoppt werden, sonst gibt es keine Chance, einen unabhängigen palästinensischen Staat zu gründen", sagte Außenminister Bernard Kouchner.

Russland sieht Verstoß gegen Roadmap

Russland forderte Israel auf, das Projekt "unverzüglich einzustellen". Der Siedlungsbau widerspreche der so genannten Roadmap, sagte ein Außenamtssprecher in Moskau. Die "Roadmap" ist der Nahost-Friedensplan des Nahost-Quartetts aus Vereinten Nationen, USA, der EU und Russland.

Israels Ministerpräsident Netanjahu (Foto: AP)
Israels Ministerpräsident Netanjahu zeigt sich unnachgiebigBild: AP

Bereits am Wochenende hatte die US-Regierung von Israel verlangt, den umstrittenen Siedlungsbau zu stoppen. Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu wies die Forderung umgehend zurück und bekräftigte die Ansprüche Israels auf ganz Jerusalem. Die Stadtverwaltung hatte dem Bau der neuen Siedlung im arabischen Viertel Scheich Dscharrah zugestimmt. Das Grundstück war 1968 von Israel beschlagnahmt worden.

Dem neuen Tadel aus Brüssel, Paris und Russland trat umgehend der israelische Vize-Außenminister Daniel Ajalon entgegen. Die Rechte Israels an Jerusalem und an der Entwicklung der Stadt stünden nicht zur Debatte. Innenminister Elie Jishai erklärte, Israel sei "keine Filiale" anderer Länder. Die Regierung habe das Recht, überall in Israel zu bauen, sobald die entsprechenden Genehmigungen eingeholt worden seien.

"Schrittweiser Selbstmord"

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Deutschen Bundestag, Ruprecht Polenz (Foto: dpa)
Ungewohnt deutliche Botschaft an Israel: Der CDU-Außenexperte PolenzBild: DPA

Auch der CDU-Außenpolitiker Ruprecht Polenz meldete sich mit ungewöhnlich scharfen Formulierungen zu Wort. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag rief Israel auf, den Siedlungsbau in den Palästinensergebieten zu stoppen. Andernfalls laufe Israel Gefahr, "als demokratischer Staat schrittweise Selbstmord zu begehen", sagte der CDU-Politiker der "Rheinischen Post". Israels Ziel, in sicheren Grenzen zu leben, setze eine Zwei-Staaten-Lösung voraus. Diese sei aber nur denkbar, wenn Ost-Jerusalem Hauptstadt eines Palästinenserstaates werden könne. Mit dem fortgesetzten Siedlungsbau versuche Israel jedoch, Ost-Jerusalem vom Westjordanland abzuschneiden.

Beziehungen zu den USA unter Druck

Israels Vize-Regierungschef Dan Meridor (Foto: AP)
Israels Vize-Regierungschef Dan MeridorBild: AP

Der Streit um die israelische Siedlungspolitik belastet zunehmend das Verhältnis Israels zu den USA. Israels Vize-Regierungschef Dan Meridor warf der Regierung von US-Präsident Barack Obama am Dienstag vor, mit der Forderung nach einem Siedlungsstopp im Westjordanland bestehende Vereinbarungen zu missachten. Meridor bezog sich dabei auf eine Reihe schriftlicher und mündlicher Abmachungen mit der Regierung von George W. Bush, die Israel offenbar einen begrenzten Siedlungsausbau zugestehen.

Die scharfe Kritik Meridors ist bemerkenswert, da er als einer der gemäßigten Politiker in der Regierung Netanjahu gilt. Angesichts der Kontroverse über die Siedlungspolitik will die US-Regierung noch in dieser Woche ihren Nahost-Sondergesandten George Mitchell in die Region entsenden.

Armee bestreitet Räumungspläne

Die israelische Armee sah sich derweil genötigt, einen Bericht über Pläne zur Räumung von mehr als 20 Außenposten jüdischer Siedlungen im Westjordanland zu dementieren. "Das Zentralkommando hat keinerlei politische Anweisung zur Räumung von Siedlungen erhalten und daher gibt es dazu keine Vorbereitungen", sagte eine Militärsprecherin. Die Zeitung "Haaretz" hatte berichtet, die Armee bereite sich auf die Räumung von 23 Posten an einem Tag vor. Dieser Plan sei in Abstimmung mit Ministerpräsident Netanjahu ausgearbeitet worden.

Israel unterscheidet zwischen mehr als 120 Siedlungen im Westjordanland, die mit Genehmigung der Regierung gebaut wurden, und etwa 100 ohne Genehmigung errichteten Außenposten. Nach internationalem Recht sind alle Siedlungen in den besetzten Gebieten illegal.

Der Anspruch auf Jerusalem ist seit Jahrzehnten einer der wesentlichen Streitpunkte im israelisch-palästinensischen Konflikt. Die Palästinenser wollen im arabischen Ostteil Jerusalems die Hauptstadt eines künftigen eigenen Staates errichten. Israel fordert ganz Jerusalem als ewige, unteilbare Hauptstadt. (kle/je/afp/ap/dpa/rtr)