1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Unerreichbare Ziele

Claus Hecking8. April 2003

Im September 2000 beschloss die internationale Staatengemeinschaft ihr Milleniumsziel: Die extreme Armut sollte bis 2015 halbiert werden. Ein ambitionierter Vorsatz, der nicht zu schaffen ist.

https://p.dw.com/p/3SNE
Armut weltweit: Eine Frau vor ihrer Hütte in Johannesburg, SüdafrikaBild: AP

Es ist nicht einmal drei Jahre her, da erklärten die Staats- und Regierungschefs von rund 170 Ländern feierlich der Armut den Krieg. Damals sprach UN-Generalsekretär Kofi Annan von einer "bemerkenswerten Übereinstimmung der Ansichten". Und auch die Weltbank hielt die Halbierung der Armut keineswegs für utopisch.

Kofi Annan
UN-Generalsekretär Kofi AnnanBild: AP

Heute erscheint es fast unvorstellbar, dass die Vereinten Nationen ihr ambitioniertes Ziel tatsächlich erreichen werden. Die Welt befinde sich bei der Armutsbekämpfung auf dem falschen Weg, kritisiert Kofi Annan. Denn noch immer müssen rund 1,2 Milliarden Menschen mit weniger als einem Dollar pro Tag auskommen. Seit 1987 hat sich ihre Zahl nicht verändert. Die Weltbank prophezeit sogar, dass im Jahr 2015 allein in den afrikanischen Staaten südlich der Sahara fast eine Milliarde Menschen in extremer Armut leben werden.

Unzureichende Finanzzusagen

Angesichts solcher Zahlen sind auch die Vertreter der Hilfsorganisationen, wie Peter Mucke, Geschäftsführer von "Terre des hommes" Deutschland, pessimistisch geworden. "Wenn der gegenwärtige Trend anhält, wird die Mehrzahl der Millenniumsziele nicht erreicht werden. Schon heute zeigen Untersuchungen des UN-Entwicklungsprogramms, dass die internationalen Finanzzusagen unzureichend und die Fortschritte viel zu langsam sind. Die meisten Länder werden den Zeitrahmen von 15 Jahren voraussichtlich nicht einhalten."

Nicht eingelöste Versprechungen

Mexiko
Margarita Perez, MexikoBild: AP

Dem Weltbankpräsidenten ist dieses Verhalten ein Dorn im Auge. Viele Industriestaaten hätten auf internationalen Konferenzen großzügig neue Entwicklungshilfe angekündigt, sagt James Wolfesohn. Doch noch immer hätten sie ihre Versprechungen nicht eingelöst. Als im September 2000 die New Yorker Millenniumsziele verkündet wurden, boomte die Weltwirtschaft noch, der Absturz der New Economy war nicht zu erahnen. Heute steht die Welt im Zeichen des Irak-Kriegs; die Wachstumsaussichten sind schlecht. Hinzu kommt der Anstieg des Ölpreises auf immer neue Rekordniveaus, von dem die armen Länder besonders getroffen werden.

Völkergemeinschaft verpflichten

Vor diesem Hintergrund müsse das Ziel der Halbierung der Armut aus einer anderen Perspektive betrachtet werden, fordert Jürgen Wilhelm, Geschäftsführer des Deutschen Entwicklungsdienstes. "Es mag sein, und es wurde auch von vielen eingewandt, als man sich auf dieses Zeitziel 2015 einigte, dass es unrealistisch ist. Aber wenn man es nie fordert, wenn man die Völkergemeinschaft nicht verpflichtet, es zu tun, dann macht es überhaupt niemand."

Ziele nicht eingehalten

Slumkinder in Manila
Slumkinder in ManilaBild: Mario Schmidt

Doch selbst klar formulierte Ziele werden nicht unbedingt eingehalten, wie das Beispiel der Entwicklungshilfe zeigt. Bereits im Jahr 1970 hatten sich die Industriestaaten verpflichtet, ihre Ausgaben für Entwicklungshilfe auf 0,7 Prozent des Bruttosozialproduktes anzuheben. Doch bis heute haben von allen OECD-Staaten nur die Niederlande und Skandinavien ihre Versprechung eingelöst. Immerhin haben sich die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union verpflichtet, bis zum Jahre 2006 0,39 Prozent ihres Bruttosozialprodukts für Entwicklungshilfe zur Verfügung zu stellen.

Deutschland zahlt weniger

Dieses reiche jedoch nicht aus, kontern die Hilfsorganisationen. In Deutschland lag die Quote im vergangenen Jahr bei gerade einmal 0,28 Prozent. In absoluten Zahlen hat Deutschlands Beitrag sogar abgenommen: 1990 gab das Land noch umgerechnet rund vier Milliarden Euro für Entwicklungszusammenarbeit aus, heute sind es 3,8 Milliarden Euro. Immerhin legt der rot-grüne Koalitionsvertrag fest, bis 2006 die Ausgaben für Entwicklungshilfe um rund eine Milliarde Euro zu erhöhen.